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Besetzer
Im Dezember 1971 wird das
ehemalige Schwestern- wohnheim des früheren Diakonissenkrankenhauses
Bethanien am Mariannenplatz und im März 1973 ein leer stehendes Haus
in der Wilhelmstraße von jungen Trebegängern besetzt. Georg-von-Rauch-Haus
und Tommy-Weisbecker-Haus fordern die Anerkennung als autonome Jugendzentren
und werden kurz nach den Besetzungen legalisiert, aber weiterhin immer
wieder kriminalisiert.
Von der Bürgerinitiative SO 36 werden im Februar 1979 zwei Wohnungen
einer städtischen Wohnungs- baugesellschaft besetzt. Den Akteuren
geht es weniger um Schaffung von Freiräumen, sie streiten für
den Erhalt der Quartiere. Es entstehen weitere Betroffenen- vertretungen.
80.000 Wohnungssuchenden stehen 20.000 leer stehende Wohnungen gegenüber
und die Vernichtung bezahlbarer Bleiben geht weiter. So werden immer mehr
Häuser instandbesetzt. Im März 1981 sind beispielsweise alle
neun leer stehenden Häuser im Block 103 am Heinrichplatz gesetzeswidrig
bewohnt. Auch in anderen Bezirken, vor allem in Schöneberg, wird
Abriss und Luxusmodernisierung auf diese Weise Einhalt geboten. Mitte
1981 erreicht die Bewegung in Westberlin mit über 160 besetzten Häusern
ihren Höhepunkt.
Viele Besetzer sind neu Zugezogene aus West-
deutschland. Von den Nachbarn werden sie teils skeptisch, meist jedoch
freundlich empfangen. Die Alteingesessenen sind ebenfalls für den
Erhalt der Häuser. Auch sonst gibt es Unterstützer: Manche Vereine,
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Kirchengemeinden, Prominente, Politiker, Gewerkschafter
vermitteln; Gewerbetreibende und Anwohner helfen mit Sachspenden, Handwerker
und Architekten stehen bei mit Rat und Tat; taz, zitty und weitere
Medien berichten mit Sympathie für die Besetzer. Im „Metropol“,
einer großen Diskothek am Nollendorfplatz, finden Benefiz-Konzerte
mit den Einstürzenden Neubauten, Ideal, Violent Femmes und anderen
zur Winterfestmachung der besetzten Hauser statt. Mit zunehmender Randale
wird das Verhältnis zwischen Bürgern und Chaoten (so werden
die Besetzer von der Springer-Presse tituliert) allerdings distanzierter.
In und zwischen den besetzten Häusern gibt es ebenfalls Differenzen.
Spontis, Anarchos, Alternative, Esoteriker, Künstler, Intellektuelle
– sie alle haben verschiedene Anschauungen und Ziele. Die rechtsfreien
und kostenlosen Räume ziehen auch egoistische Nutznießer und
Drogensüchtige an.
Besonders die Kluft zwischen den pragmatischer orientierten Verhandlern
und den politisch radikaleren Nichtverhandlern schwächt die Bewegung
von innen und nach außen.
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